Joko Winterscheidt: Warum er in E-Bike-Start-up SUSHI Bikes investiert

Wer an E-Bikes denkt, dem kommen vermutlich als erstes unhandliche Fahrräder mit auffälligen Akkus in den Sinn. Ein Rad, auf dem man nicht unbedingt junge Leute vermutet. Mittlerweile gehört dieser Gedanke aber der Vergangenheit an – Andy Weinzierl sei Dank. Der Münchner entwickelte ein E-Bike, für das sich niemand schämen muss. Im Gegenteil: Mit den SUSHI Bikes avanciert man auf der Straße zum echten Hingucker. 

Das Potential erkannte auch Joko Winterscheidt, 40, und stieg nicht nur aufs E-Bike, sondern auch bei Andy mit ein. Seitdem arbeiten die beiden gemeinsam daran, die Bikes an den Mann und an die Frau zu bringen. Im Gespräch mit GALA erzählen sie, wie ihre Zusammenarbeit aussieht, was SUSHI Bikes einzigartig macht und wie es zu dem unkonventionellen Namen kam. Außerdem verrät Joko, wer ihn in Sachen Nachhaltigkeit zum Umdenken angeregt hat.  

Andy Weinzierl tüftelt seit anderthalb Jahren an SUSHI Bikes

GALA: Lassen Sie uns knallhart einsteigen: Fahren Sie mit dem Fahrrad zur Arbeit?
Joko Winterscheidt: In Berlin holt mich meistens einer von den Kollegen auf dem Weg zur Arbeit ab und bringt mich auch abends wieder zurück. In München fahre ich tatsächlich auch seit einiger Zeit Fahrrad.
Andy Weinzierl: Ich auch. Ich habe auch keinen langen Pendelweg, für mich ist das selbstverständlich.
Joko Winterscheidt: Das macht aber auch Bock! Ich finde, das ist eher wie eine Fahrradtour. Ich habe gerade im Hotel meinen Koffer abgeholt und neben dem Fahrrad hergezogen (lacht). Man fühlt sich noch cooler als man eh schon ist. Richtig cool. (lacht)

GALA: Was macht SUSHI Bikes einzigartig und was bedeutet der Name?
Joko Winterscheidt: Wenn wir hingehen würden und sagen, wir machen einen Test mit E-Bikes unter 1.000 Euro, dann wären wir die einzigen, die mitmachen könnten (lacht). Den Namen hat sich Andy einfallen lassen. Wir haben einen gemeinsamen Bekannten. Er hat uns einander vorgestellt und wir haben uns öfter bei ihm auf neutralem Grund getroffen und die nächsten Schritte geplant. Dabei haben wir uns immer Essen von einer Sushi-Bude geholt. Das ist jetzt nicht die Entstehungsgeschichte, aber der Name SUSHI Bikes war echt früh gesetzt. Gott sei Dank gab es da keinen Bratwurststand ums Eck.
Andy Weinzierl: Es war klar, dass der alte Name wegmuss, der blieb einfach nicht im Kopf. Aber SUSHI Bikes ist so absurd – das bleibt hängen.

Quelle der Inspiration: Ein Sushi-Laden in München. 

Quelle der Inspiration: Ein Sushi-Laden in München. 

GALA: Andy, wie lang basteln  Sie schon an der Idee?
Andy Weinzierl: Ungefähr seit April letzten Jahres.

GALA: Das ist ja noch gar nicht so lang.
Andy Weinzierl: Nein, das ging relativ schnell. Ich wollte es schnell vorantreiben, war relativ effizient und hatte Glück, dass ich so schnell einen guten Produzenten gefunden habe.

Joko Winterscheidt ist der Elektromotor des Projekts

GALA: Wie kann man sich Ihre Zusammenarbeit vorstellen?
Andy Weinzierl: Das ergänzt sich sehr schön. Ich habe die Idee und das Produkt geliefert. Joko hat das Wissen, was Marketing und den Auftritt angeht, da bin ich noch nicht so versiert. Die Kombi macht es. Und natürlich auch der Schub, der durch Joko erzeugt werden kann.
Joko Winterscheidt: Ich bin der Elektromotor an dem Ganzen (beide lachen).
Andy Weinzierl: Wenn Joko brennt, dann macht es Spaß!
Joko Winterscheidt: Das war aber der Punkt, den ich so sympathisch fand. Es war relativ schnell klar, dass Andy sich nicht einfach einen Fonds sucht, der wahnsinnig viel Geld in die Idee pumpt. Andy hat immer gesagt, dass er ein organisches Wachstum möchte, dass er das Ganze selbst aufbauen möchte. Wir produzieren das Rad, das bestellt wurde, und sonst erstmal keins. Das ist gut für unseren Geldbeutel, wir müssen nicht so wahnsinnig in Vorleistung gehen, aber vor allem ist das gut für die Umwelt. Denn wir produzieren nicht 10.000 Räder, verbrauchen Energie und andere Ressourcen und stellen dann fest: Ui, will ja keiner haben das Produkt und sitzen auf einem Haufen Technik-Schrott.

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GALA: Heißt, ich kann bei Ihnen bestellen und mein Rad dann individuell anpassen lassen?
Andy Weinzierl: Genau, man kann das Rad nachrüsten, das haben wir alles im Shop. Der Kunde übernimmt den letzten Feinschliff.

GALA: Warum haben Sie sich an die Entwicklung gemacht? Hat Ihnen bei herkömmlichen E-Bikes etwas gefehlt?
Andy Weinzierl: Ich bin früher mit dem E-Bike meines Vaters gefahren. Das fand ich cool. Man kommt nicht ins Schwitzen, kann trotzdem durch die Parks radeln und ist auch noch schnell. Und wenn man faul ist, kann man auf volle Unterstützung stellen (lacht). Dann habe ich mich umgeschaut, aber kein Fahrrad unter 1.000 Euro gefunden. Als frischer Uni-Absolvent hast du das Geld einfach nicht. Der Design-Aspekt ist auch nicht unwichtig: Ich bin vorher immer alte Rennräder gefahren und mir war klar, dass mein Fahrrad genauso aussehen muss. Außerdem wollte ich eine Batterie, für die man sich nicht schämen muss (lacht). Das Konzept hat sich schnell ergeben.

GALA: E-Bikes stehen häufig in der Kritik, ist Ihnen das auch schonmal entgegen gebracht worden?
Andy Weinzierl: Damit habe ich mich vorab viel befasst. Ich denke, jeder, den wir vom Auto wegbekommen, ist ein Gewinn. Was die Lieferkette und die Produktion angeht, wollen wir das irgendwann so grün wie möglich machen und zum Beispiel auf Zugverkehr anstatt auf Seefracht setzen. Genau das wünscht man sich ja auch von den großen Herstellern: Dass sie mehr auf die Bahn setzen. Und dann bleibt da auch noch die Lithium-Gewinnung, da gibt es verschiedene Meinungen zu.
Joko Winterscheidt: Ich finde, es ist immer die Frage nach wie viel wovon. Bei uns ist die Menge an Lithium in unseren Akkus ca. ein Drittel von einem Standard-E-Bike, weil der Akku kleiner ist. Das ist schonmal ein signifikanter Unterschied. Auch bei E-Bikes gibt es durchaus den Hang zur Übermotorisierung, die wir mit dem SUSHI Bike aber nicht haben. Man braucht kein City Bike, das 100 Kilometer zurücklegen kann, deshalb konnten wir die Akkus verkleinern und Ressourcen schonen.
Andy Weinzierl: Man muss das in Relation setzen. Zum Vergleich: Ein Tesla hat 7.000 Zellen, das ist die gleiche Art, die wir haben, und wir haben Man muss differenzieren, ob man über schlechte E-Autos oder schlechte E-Fahrräder spricht. Oder über schlechtes Sushi, das ist nochmal eine andere Kategorie (lacht).
Joko Winterscheidt: Wir wissen um diese Diskussion und haben uns da im Vorfeld sehr viele Gedanken zu gemacht. Ein Akku, der auch noch umweltfreundlich wäre, das wäre für alle E-Mobilitätskonzepte besser. Aber den gibt es leider noch nicht. Dennoch ist die CO2-Bilanz eines jeden, dem wir vom Auto auf unser SUSHI Bike zum Pendeln bekommen, eine besser als vorher. Ich finde, wir müssen auch Parameter wie Flirten miteinberechnen. An einer roten Ampel steht die Traumfrau im Auto neben mir. Kann ich sie ansprechen? Schwer. Versus an einer roten Ampel sitzt sie auf dem Rad neben mir. Wo kann ich sie besser ansprechen …? Genau. Auf unserem SUSHI Bike.

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Stars auf dem Fahrrad




Joko Winterscheidt: Greta Thunberg hat in ihm mehr bewegt als die deutsche Politik

GALA: Nachhaltigkeit – ist das ein Thema bei Ihnen?
Joko Winterscheidt: Zu 100 Prozent! Ich glaube, dass sich jeder im Sinne der Menschheit und im Interesse der Welt verändern muss. Ich habe lange ein großes Auto besessen, jetzt fahre ich ein sehr kleines. Ich habe lange sehr viel Fleisch gegessen, seit ein paar Wochen esse ich gar keins mehr. Alkohol trinke ich auch keinen mehr, das hat aber nur etwas mit meiner persönlichen Nachhaltigkeit zu tun (lacht).

GALA: Ist das auch beim Einkaufen Thema? Besuchen Sie gezielt Bio- oder Unverpacktläden?
Joko Winterscheidt: Da bin ich im Zwiespalt. Bei Eiern achte ich eher auf ausreichende Freilandhaltung und nicht darauf, ob das Ei bio ist oder nicht. Die Parameter muss man individuell setzen. Aber Joghurt oder Milch kaufe ich im Mehrwegglas. Bei Getränken zu Hause setze ich schon seit Jahren auf Glasflaschen. Ich glaube, es gibt in jedem Bereich etwas, was man verändern kann und man sollte für sich versuchen, seinen Teil beizutragen. Die Verantwortung liegt aber genauso bei den Unternehmen. Wenn sie nachhaltige Angebote schaffen, werden die auch angenommen. Ich finde es krass, dass dieses kleine schwedische Mädchen mehr in mir bewegt hat als 39 Jahre deutsche Politik.

Hass und Kritik seit Tag Eins in der Öffentlichkeit

GALA: Was ist Ihre größte Umweltsünde?
Joko Winterscheidt: Ich habe gerade daran gedacht, ob ich mal Benzin in einen Fluss geschüttet habe (lacht). Das habe ich noch nie gemacht! Aber vermutlich ist es das Fliegen. Klar, ich bin beim „Duell um die Welt“ tatsächlich ständig um die Welt geflogen. Das halten mir jetzt viele vor. Zu recht! Aber vor zwei Jahren war ich einfach noch nicht so weit. Die Veränderungen, die ich antreten muss, die trete ich gerade an. Meine Meinung ist: Wir müssen handeln. Jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten. Wenn die Politik das nicht macht, dann müssen wir das tun.

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Von dieser Umweltsünde kommen sie einfach nicht los

GALA: In Ihrem Job ist das wahrscheinlich kaum machbar. Wie sieht das konkret aus?
Joko Winterscheidt: Wir haben den Deal, dass wir im zweiten Halbjahr diesen Jahres – das bedarf natürlich einer gewissen Planung – einen neuen Kalender erstellen. Vier Termine an einem Tag mit vielleicht sogar noch einem Flug dazwischen, das gibt es nicht mehr. Ich fahre Bahn. Und das Tolle ist, dass sich der Terminkalender damit sogar entschleunigt. Wann hat man schonmal so viel Zeit am Stück? Ich habe letztens sechs Stunden lang im Zug gesessen – das darf man eigentlich niemandem erzählen – aber ich habe nur Serien geguckt. Das war so erfüllend (lacht).

GALA: Bekommen Sie Kritik für Ihren Lebenswandel?
Joko Winterscheidt: Grundsätzlich bekomme ich seit Tag Eins Hass, egal für was. Wenn man sich positioniert, wird es immer jemanden geben, der die Gegenposition innehat. Du wirst denjenigen aber nie konvertieren, nur weil du eine andere Meinung hast. Wenn ich mich öffentlich positioniere, wird mir ruckzuck unterstellt, dass ich das nur mache, um im Gespräch zu bleiben. Ich verstehe jeden, der das denkt. Aber das Gegenteil ist der Fall. Ich bin wie jeder hier ein Mensch auf diesem Planeten und habe das Bedürfnis, eine Veränderung herbeizuführen. Nicht nur bei mir, sondern auch bei anderen. Und wenn es nur eine Person ist, die das Auto wegstellt und mit dem E-Bike fährt, dann hat sich das Unterfangen schon gelohnt.

@helena.marschall @derpohl @fridaysforfuture.de und alle die ich getroffen habe und noch treffen werde… danke fuer das was ihr macht und fuer die einladung! #allefuersklima ??? #sunset

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GALA: Glauben Sie, dass Nachhaltigkeit stylisch sein muss?
Joko Winterscheidt: Ich finde schon, dass es gut ist, das Thema aus dieser Nische zu holen. Warum muss ein veganer Burgerladen „öko” aussehen, nur weil das ein vermeintlich ökologischeres Produkt ist? Es gibt so viele Bereiche, die noch das alte Öko-Image verkörpern. Aber das ist vorbei. Impossible Foods aus den USA zum Beispiel, die sind ein wahnsinnig nachhaltiges Unternehmen. Sie produzieren vegane Nahrungsmittel. Sind in der Ansprache aber cool und stylish wie eine Sportmarke.

Joko + Matthias Schweighöfer waren ihrer Zeit voraus

GALA: Apropos: Ist nachhaltige Mode ein Thema für Sie?
Joko Winterscheidt: Ich hatte mal mit ein paar Freunden und mit meinem bekannten Freund Matthias Schweighöfer ein Klamottenlabel. Wir haben gesagt, wir wollen in Deutschland für den deutschen Markt produzieren, das hat vor zehn Jahren nicht funktioniert. Niemand hatte das Bewusstsein für Sweatshops in Bangladesch. Heute ist das anders. Vielleicht waren wir unserer Zeit da ein wenig voraus.

GALA: Das Thema Müllvermeidung und Umweltschutz ist auch an den TV- und Filmsets angekommen. Ist Ihnen das auch schon begegnet?
Joko Winterscheidt: Es ist heftig, wie voll die Mülleimer nach einer TV-Produktion sein können, klar. Mittlerweile haben wir in unserer Agentur CC15 eine Grün-Beauftragte, die sich um das Set kümmert. Seitdem gibt es viel weniger Abfall: Jeder hat seine eigene Trinkflasche, auf der sein Name steht. Damit vermeiden wir halbausgetrunkene Flaschen, die stehen bleiben und abends weggekippt werden. Außerdem werden Änderungen in den Texten nicht mehr ausgedruckt, man hat alles digital und verbraucht kaum Papier. Getränke gibt es nur in Glasflaschen. Am Anfang wurde sie ausgelacht. Aber das Bewusstsein kommt mit der Veränderung. Das sind Kleinigkeiten, die man machen kann. Aber wenn man die machen würde, dann würde es weniger Probleme geben, die sich zu einem großen aufsummieren.

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